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KWA Stift am Parksee
Siemens und Bundesbahn sowie Kirche und Sport prägten ihr Leben.
Christel und Hans von Ofen in ihrer Wohnung im KWA Stift am Parksee in Unterhaching
Unterhaching, 20. März 2025
Zwei Begegnungen genügten, um ein zartes Pflänzchen der Zuneigung wachsen zu lassen. Das erste Mal schlug das Schicksal bei einer Fronleichnamsprozession zu. Christel lief in einer Gruppe von Mädchen ihrer Pfarrgemeinde. Wenn das Allerheiligste gezeigte wurde, knieten sie davor nieder. Gleichzeitig senkten die Jungen, die Fahnen trugen, selbige. Und, schwupps, landete eine davon in Christels modisch toupiertem Haar. Als Christel sich umdrehte, um den Fahnenträger zurechtzuweisen, entschuldigte sich dieser mit einem entwaffnenden Lächeln. Das war Hans von Ofen.
Ein zweites Mal begegneten sie sich bei der Einweihung einer Sporthalle. Und das Malheur hätte nicht größer sein können: Hans wurde von einem Freund angerempelt, schüttete ein Glas Bier über Christels schönes neues Taftkleid. Sie wusste nicht, wie ihr geschah. Doch Hans begriff das Missgeschick als Chance, schlug vor: „Komm, jetzt tanzen wir dein Kleid trocken.“ So fing das 1954 mit den beiden an – in Styrum, heute ein Stadtteil von Mülheim an der Ruhr. Dort sind beide aufgewachsen und haben da später auch ihre eigenen Kinder großgezogen.
Panorama von Mülheim an der Ruhr, aufgenommen vom Rathausturm im Jahr 2014 - Foto: Wikimedia Commons / Tuxyso
Hans von Ofen denkt nicht gerne an seine Kindheit zurück, an Bunker, Hunger und glitschiges Maisbrot. Als sein Vater 1948 aus der Gefangenschaft kam, war Hans 14. Er ließ sich bei Siemens zum Starkstrommonteur ausbilden und konnte dann in der Schaltzentrale arbeiten. Doch der Dreischichtbetrieb war nicht sein Traum. Nach sechs Semestern Abendschule legte Hans die Prüfung zum Elektrotechniker ab. Schließlich holte er noch die Fachhochschulreife nach und besuchte die Ingenieursschule. 1962 war er damit fertig und fand sofort Arbeit: bei der Bundesbahn.
Die DB brauchte Ingenieure für die Elektrifizierung, unter anderem der Hollandstrecke zwischen Oberhausen und Emmerich über die Landesgrenze. Diese war freilich eine Herausforderung, da man in Deutschland Wechselstrom nutzte, in Holland hingegen Gleichstrom. Ehe Hans sich einbringen konnte, musste er noch ein Ausbildungsprogramm der DB durchlaufen, als Lokheizer sowie als Lokführer, für alle Antriebsarten. „Ein ganzes Jahr extra. Das wäre heute undenkbar. Schließlich war ich schon ein fertiger Ingenieur. Aber dadurch waren wir dann variabel einsetzbar“, führt er aus. Hans von Ofen wurde im Planungsstab eingesetzt.
Der Höhepunkt seiner Karriere war die Berufung ins Prüfungsamt der DB im Jahr 1973. Dort blieb er bis zur Pensionierung. Zu seinen Aufgaben gehörten beispielsweise Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, die der Bundesrechnungshof zu bestimmten Bahnstrecken angefragt hatte. Zahlen waren und sind seine Welt: weil sich damit so vieles erklären und nachweisen lässt. Um die Zahlen des Paars kümmert er sich bis heute.
Christel entschied sich nach der mittleren Reife für eine kaufmännische Lehre bei einem Schokoladen-Produzenten, wechselte dann jedoch zur Siemens-Tochter Kraftwerk Union, weil dort eine interessante Aufgabe lockte: In der Abteilung „Soziale Einrichtungen“ organisierte sie betriebliche Vorsorgemaßnahmen, Kuren und Kinderverschickungen. Siemensmitarbeiter aus ganz Deutschland konnten sich darum bewerben. Die Arbeit gefiel ihr.
„Ich wollte nicht gleich geheiratet werden“, betont sie – obwohl Hans und sie sich längst sicher waren, dass sie zusammengehören. An Weihnachten 1958 haben sie sich verlobt und als Hans mit dem Ingenieursstudium fertig war, geheiratet. Da war sie 24, er 28. Ein Jahr später kam der Sohn zur Welt, nach drei weiteren Jahren die Tochter. Doch das war für Christel nicht das Ende des Berufslebens. Da ihre Mutter im gleichen Haus wohnte, konnte sie wieder halbtags arbeiten, als die Kinder in den Kindergarten kamen.
Ihr Mann ist noch heute stolz auf Christel. „Sie war in unserem Bekanntenkreis die Einzige, die auch noch gearbeitet hat, als die Kinder da waren.“ Christel genoss es, dass sie zwei Mal im Jahr nach Berlin, Offenbach und München reisen konnte, um Mitarbeitern mögliche Feriendomizile vorzustellen. Die Unterkünfte, beispielsweise an der Nordsee oder im Schwarzwald, prüfte sie persönlich auf Eignung. So hat sie viel von Deutschland gesehen. Sie konnte sich keine schönere Aufgabe vorstellen, blieb ihr ganzes Berufsleben lang bei der KWU. Der Umgang mit Menschen lag ihr, zudem das Formulieren von Briefen und anderen Schriftstücken. Auch im Ruhestand übernimmt sie bei Bedarf diesen Part.